Jedem MPI sein Biotop

Jedem MPI sein Biotop

Ein Netz von Biotopen im ganzen Land

Die Idee für das BioDiversum am Faßberg-Campus des Max-Planck-Instituts für Multidiziplinäre Naturwissenschaften (ehemals MPI für biophysikalische Chemie) in Göttingen wird im Oktober 2018 geboren. Peter Berthold ist für einen Vortrag zu Gast bei der Wissenschaftsreihe des Göttinger Literaturherbst. Berthold, emeritierter Direktor am MPI für Ornithologie und ehemaliger Leiter der Vogelwarte in Radolfzell, hat viele Jahrzehnte zu Vögeln, ihren Lebensbedingungen und ihrer Bestandsentwicklung geforscht und als einer der Ersten wegen des Vogelsterbens Alarm geschlagen. Beim Literaturherbst hält er einen mitreißenden Vortrag über das Artensterben und wirbt leidenschaftlich für seine Vision, wie wir die Biodiversitätskrise überwinden können.  

Unter dem Motto Jeder Gemeinde ihr Biotop propagiert er gezielte Renaturierungsmaßnahmen: In ganz Deutschland sollen auf für die Landwirtschaft unattraktiven Flächen kleine und größere Biotope entstehen. Sein Ziel ist es, dass die einzelnen Biotope – etwa 3000 sollten seiner Ansicht nach ausreichen – nicht mehr als etwa zehn Kilometer voneinander entfernt liegen, sodass Arten sich von einem Biotop zum nächsten ausbreiten können. „Durch Renaturierungsmaßnahmen ließe sich die Artenvielfalt in wenigen Jahrzehnten wieder auf den Stand von 1950 anheben!“, ist Berthold überzeugt. Am Bodensee hat er seit 2004 gemeinsam mit der Heinz Sielmann Stiftung als Pilot-Projekt bereits ein Netz von Biotopen angelegt. Der Erfolg des Biotopverbunds Bodensee übertraf alle Erwartungen: Die Brutbestände zahlreicher gefährdeter Vogelarten erholten sich bemerkenswert schnell, selbst stark beeinträchtigte Flächen entwickelten sich wieder zu artenreichen Lebensräumen.

Jedem MPI sein Biotop

Gleich nach dem Literaturherbst-Vortrag stellt Emeritus-Direktor Herbert Jäckle fest: „Das können wir bei uns am Institut doch auch! Wir haben Platz und könnten diesen hervorragend nutzen. Wir richten als erstes Institut der Max-Planck-Gesellschaft ein Biotop ein. Auf unseren artenarmen Rasenflächen gibt es enormes Potenzial!“ Frei nach Berthold: Jedem MPI sein Biotop!

Die Idee fällt an jenem Abend und später am Institut auf fruchtbaren Boden und wird vom Kollegium einstimmig unterstützt. Klar ist auch: Die Erfahrung von Berthold wird unverzichtbar sein. Dieser nimmt gerne eine erneute Einladung nach Göttingen an und kommt im Spätwinter 2019 an das Institut.

Anfangs steht das etwa zwei Hektar große Brachland am nordöstlichen Ende des Institutsgeländes für das Biotop im Fokus: Dieses müsste sich gut eignen, um durch gezielte landschaftsbauliche Maßnahmen die Bedingungen für Insekten, Vögel und anderen Tiere zu verbessern. Berthold stimmt sofort zu und schlägt einen großen Teich, eine Streuobstwiese sowie Komposthaufen und eine Vogelfutterstelle vor. Auch für die weiteren unbebauten Flächen des Instituts sieht er großes Potenzial für eine ökologische Aufwertung – und mit jeder weiteren Idee Bertholds wird klarer, dass das Projekt Biotop nicht auf das Brachland beschränkt bleiben darf, sondern sich über das gesamte Institutsgelände bis hin zum Eingangsbereich erstrecken muss.

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