Neues Verbundprojekt für schnelleren Nachweis multiresistenter Keime

23. Dezember 2015
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert im Rahmen des Förderprogramms „Photonik Forschung Deutschland“ ein neues Verbundprojekt, das von Thomas Burg am Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie und Mahavir Singh von der Firma LIONEX GmbH in Braunschweig koordiniert wird. Mit dem Vorhaben soll ein schnelles und empfindliches Nachweisverfahren für multiresistente Keime entwickelt werden, das in Krankenhäusern und Arztpraxen eingesetzt werden kann. Das Projekt im Umfang von 3,9 Mio. Euro wird mit 2,3 Mio. Euro vom BMBF gefördert.

Mindestens zehntausend Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr an Keimen, mit denen sie sich in Krankenhäusern infiziert haben. Eine besondere Gefahr stellen sogenannte multiresistente Bakterien dar, die gleichzeitig gegen mehrere Antibiotika unempfindlich sind und sich daher nur schwer bekämpfen lassen. Hier ist es entscheidend, Infektionen sofort zu erkennen. „Das scheitert bisher an dem sehr zeitaufwändigen Nachweisverfahren. Bislang muss man die Bakterien auf speziellen Nährböden 24 bis 48 Stunden wachsen lassen. Erst dann sind sie nachweisbar“, erklärt LIONEX-Gründer Mahavir Singh, der den Verbund auf Seiten der Industrie koordiniert. Entsprechend spät können Ärzte mit der Therapie beginnen. Zwar sind bereits mehrere automatisierte Labor-Systeme auf dem Markt, mit denen sich die Erreger schneller identifizieren lassen. „Allerdings ist keines dieser Systeme für die Anwendung vor Ort, also direkt in den Arztpraxen oder auch kleineren Krankenhäusern, geeignet – alle sind für große diagnostische Labore konzipiert“, erläutert Thomas Burg, Leiter der Forschungsgruppe Biologische Mikro- und Nanotechnologie am MPI für biophysikalische Chemie.

An diesem Punkt setzt das neue, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbundprojekt „KeimOut“ an. Mit dem Vorhaben soll ein Test entwickelt werden, der Bakterien schon innerhalb weniger Stunden nachweist und der ohne aufwändige Technik unkompliziert einsetzbar ist. Projektpartner sind auf wissenschaftlicher Seite neben dem MPI für biophysikalische Chemie das Institut für Mikrotechnik der TU Braunschweig sowie das Informatik-Institut OFFIS aus Oldenburg. An der industriellen Umsetzung arbeiten die Unternehmen LIONEX (Braunschweig), PCO (Kelheim) und MicroDiscovery (Berlin).

Um das Wachstum der Keime in Anwesenheit verschiedener Antibiotika genau messen zu können, entwickelt Thomas Burg mit seinem Team ein optofluidisches Detektionsverfahren. Der neue Test soll Bakterien nicht nur nachweisen, sondern ihre Vermehrung in Echtzeit messen. „Damit ließen sich multiresistente Keime viel empfindlicher aufspüren als mit herkömmlichen Techniken. Außerdem können die Wachstumsgeschwindigkeiten zeigen, gegen welche Antibiotika ein Erreger resistent ist. Damit könnten Erreger und ihre Antibiotika-Resistenzen bereits nach drei bis vier Stunden bestimmt werden“, so Burg. Die Echtzeitmessung soll gelingen, indem optische Verfahren mit Mikro- und Nanotechnologie kombiniert werden: Eine vergleichsweise kleine Zahl Bakterien wird auf winzigen Chips konzentriert. Um diesen Prozess effizient zu machen, werden sehr unterschiedliche Strukturgrößen im Mikro- und Nanometerbereich benötigt. „Dafür entwickelt unser Institut neuartige Verfahren, welche Ultrakurzpuls-Laser auch für die Strukturierung einsetzen“, erklärt Andreas Dietzel, Leiter des Instituts für Mikrotechnik der Universität Braunschweig.

Das Projekt ist auf drei Jahre ausgelegt. Am Ende dieses Zeitraums soll der Bakterien-Schnelltest in der Praxis einsatzfähig sein. Thomas Burg ist vom Potenzial des Vorhabens überzeugt: „Wir haben mit den beteiligten wissenschaftlichen Einrichtungen und den Unternehmen hervorragende Kooperationspartner zusammengebracht. Nur in enger Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten und Industrie lässt sich ein solches Projekt bis zur Marktreife entwickeln.“ (fk)

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